Die Roland TB-303 war nie als Club-Legende geplant – sie sollte eigentlich nur eine Bassbegleitung für Alleinunterhalter sein. Doch in den späten 80ern und frühen 90ern entdeckten House- und Techno-Produzenten ihren hypnotischen, resonanzreichen Klang, der durch das legendäre Filter und die einzigartige Gleit- und Akzentsteuerung entstand. Tracks wie "Acid Tracks" von Phuture oder "Higher State of Consciousness" von Josh Wink zementierten den Sound der 303 als festen Bestandteil der elektronischen Musikgeschichte. Heute sind Originale unverschämt teuer, aber Behringer bringt mit der TD-3 diesen ikonischen Sound in einer authentischen, preiswerten Neuauflage zurück – inklusive eines kleinen Extras.
Die TD-3 klingt verblüffend nah am Original – falls es das eine Original überhaupt gibt. Tatsächlich unterschieden sich schon die ersten TB-303-Modelle aufgrund von Bauteiltoleranzen und Alterung der Komponenten teils deutlich voneinander. Keine zwei Vintage-303er klingen exakt gleich. Die TD-3 fängt den ikonischen Grundsound aber perfekt ein: Sie knarzt, zwitschert und dröhnt genauso hypnotisch wie damals. Wer Acid machen will, bekommt hier das volle Programm – aber auch in anderen elektronischen Genres funktioniert ihr Sound im 21. Jahrhundert ausgezeichnet.
Das eingebaute Distortion-Modul (angelehnt an den damals weit verbreiteten Klassiker DS-1 von BOSS) ist allerdings eher ein Gimmick als ein echtes Highlight. Es liefert zwar eine gewisse Aggressivität, bleibt aber blass und dünn und raubt dem Sound das Fundament in den Tiefen. Wer einen brachialen amtlichen Sound will, der bekommt mit einer Proco RAT 2 (meine Wahl) ordentlich "Schmutz" – dabei bleibt sie trotzdem präzise und durchsetzungsstark. Weitere hörenswerte Alternativen sind das Big Muff von Electro Harmonix oder auch ein Ibanez TS808 Tube Screamer. Auch ein Delay schadet nicht – ein analoges für den klassischen 90er-Sound oder digital für cleane, moderne Repeats. Ich nutze das Source Audio Nemesis ADT, das sich perfekt ergänzt, vielseitige Modulationsmöglichkeiten bietet und sowohl hervorragende analoge Simulationen als auch moderne digitale Delays bereithält.
Optisch ist die "Lime"-Version ein echter Hingucker: Das halbtransparente grüne Gehäuse mit silbernen Reglern wirkt modern, frisch und hat fast schon Spielzeugcharakter – aber im besten Sinne! Wem das zu verspielt ist, kann zur klassischen silbernen Version greifen oder zum Acid-Gelb, das mit einem Acid-Smiley-Aufdruck fast schon zum Pflichtprogramm gehört.
Anschlüsse gibt es genug: 6,3mm Monoklinke für den Hauptausgang, MIDI In/Out, USB für DAW-Integration, CV/Gate für Modular-Setups und ein Filter-Eingang, um externe Signale durch das ikonische Filter zu schicken. Was fehlt? Leider ein Sync Out und ein Filter Out. Behringer hat hier ein paar Chancen liegen lassen. Auch auf Batteriebetrieb muss man verzichten, was ein kleines Manko für mobile Setups ist.
Eine verpasste Chance ist der Sequencer: Die TB-303 hatte einen der kryptischsten Step-Sequencer aller Zeiten – und die TD-3 übernimmt ihn exakt so. Das ist historisch korrekt, aber nicht unbedingt eine kluge Entscheidung. Ein Lauflicht, das den aktuellen Step anzeigt, wäre eine enorme Erleichterung gewesen – ebenso eine deutlich vereinfachte Step-Editierung. Eine kleine Segmentanzeige, die den aktuellen Step oder die eingestellte Sequenzlänge zeigt, wäre ebenfalls ein Segen. Ebenso fehlt eine Swing-Funktion, die man nur über eine geeignete (und meist überraschend teure) externe MIDI-Clock oder die DAW realisieren kann. Per Software-Update wäre das sicher umsetzbar – würde aber voraussetzen, dass Behringer es macht. Immerhin erlaubt die kostenfreie Synthribe-Software (die auch mit mehreren Behringer-Synths gleichzeitig genutzt werden kann) den Upload und Download von Patterns, aber eine wirklich komfortable Bearbeitung ist damit nicht möglich.
Ein echtes Highlight ist hingegen der Polychain-Modus, mit dem bis zu 16 TD-3 miteinander verbunden werden können. Eine polyphone Acid-Maschine war mit der originalen TB-303 in dieser Form nie möglich – und für diesen Preis schon gar nicht. Ebenfalls praktisch ist MIDI über USB, was den Anschluss an moderne Setups erleichtert. Leider gibt es jedoch keinen Sound über USB – das wäre eine sinnvolle Ergänzung gewesen, um direkt ohne Umweg über Audio-Interface oder Mischpult aus der TD-3 in einer DAW aufzunehmen. Die Regler der TD-3 fühlen sich zudem besser an als die oft wackeligen Potis alter TB-303-Modelle, das Gehäuse ist robuster und der analoge Signalweg bleibt erfreulich rauscharm. Wer noch mehr Druck und Charakter in seinen Basslines will, kann mit einem schnellen Kompressor wie dem Klark Teknik 76-KT nachhelfen – eine perfekte Ergänzung für noch mehr Punch.
Für gerade mal rund 110-120 EUR (je nach Farbvariante) bekommt man hier einen der mit Abstand besten TB-303-Clone zum Spottpreis. Klar, ein paar Features hätte Behringer besser umsetzen können, aber der legendäre Sound ist da – und genau darauf kommt es an. Kaufen, anschließen, schrauben – und grinsen. Wer mehr Features will, der findet sie unter anderem bei Roland mit der TB-03 (die aber leider nur eine Softwaresimulation im schicken Gehäuse ist) oder bei Cyclone Analogic mit dem TT-303 Bass Bot.
Behringer verfolgt mit seinem Konzept, legendäre Klassiker als erschwingliche Neuauflagen anzubieten, eine klare Mission: Musikproduktion für alle zugänglich zu machen. Während sich Originale mit ihren exorbitanten Preisen und altersbedingten Ausfallerscheinungen nur die wenigsten leisten können, eröffnet die TD-3 einer neuen Generation von Musikern und Produzenten die Möglichkeit, diesen ikonischen Sound zu nutzen. Schon in den 80ern waren die Geräte für viele unerschwinglich – heute kann sich jeder sein eigenes Acid-Setup bauen, ohne ein Vermögen auszugeben. Ein Paradebeispiel für die "Demokratisierung" der Musikproduktion.
Vorteile
+ Authentischer 303-Sound zum absoluten Bestpreis
+ Analoge Schaltung mit originalgetreuem Filter
+ Griffige Regler und robustes Gehäuse
+ Polychain-Modus für bis zu 16 Geräte
+ Synthribe-Software für Sequencer-Management
+ USB- und MIDI-Anbindung
Nachteile
- Sequencer bleibt kryptisch und ohne Lauflicht
- Kein Swing integriert
- Distortion-Modul ist schwachbrüstig
- Kein Batteriebetrieb
- Kein Filter- oder Sync-Ausgang