Der jährliche Besuch bei Thomann in Treppendorf stand wieder einmal vor der Tür. Diesmal kam ich mit dem Gedanke an eine Superstrat mit möglichst HSH Bestückung.
Meine Wahl läuft bei dieser Sparte Gitarren grundsätzlich auf Ibanez hinaus. Als allererstes fiel mir vor Ort die wunderschöne RG370-AHMZ auf. Durch das Eschenholz aber leider nicht mein Fall. Als 2. dann diese JEMJR. Die hatte bei meinem Glück logischerweise kontaktprobleme, so konnte ich also nichts genaues über den klang aussagen... optisch war sie ein Blickfang aber vor Ort in der Ausstellung leider in einem sehr schlechten Zustand. Zum Schluss entschied ich mich für die Ibanez S520.
Diese dann gekauft und auch mitgenommen, zuhause angekommen und schon kam der Hammer... Die Griffbrettinlays waren Standard Dots und keine Offset-dots wie in den Spezifikationen beschrieben. Also wurde das gute Stück zurück geschickt. Nach einigen Telefonaten mit dem wirklich spitzenmäßigen Kundenservice, den ich an dieser stelle nocheinmal loben möchte, entschied ich mich für die 30-Tage Money-back Garantie. Nun stand ich wieder vor der Qual der Wahl und entschied mich dazu der JemJr eine zweite Chance zu geben. 2 Tage später stand der DHL Mensch schon vor der Tür.
Eifrig riss ich sie förmlich aus dem Karton und schaute wie ein kleiner Junge zu Weihnachten das gute stück mit großen Augen von oben bis unten an....
1. Eindruck: schwer ist sie :D 3 mal so dick wie die S520 ist sie auch noch dazu. Die Lackierung ist wirklich klasse gelungen, ringsherum gleichmäßig, keine Nasen kein gar nichts. einzig und allein im Monkey Grip ist die Lackierung nicht so glatt wie an anderen stellen. klar auch, wer kommt da schon mit einem schleifer hin :D Die Verarbeitung der einzelnen Teile hat mich wirklich beeindruckt. sehr hochwertig das ganze und alles stimmt aufs Maß genau. Das Tree of Life Inlay ist auch wirkliche klasse eingearbeitet. Man sieht kaum Füllermaterial am Rand des Inlays. Da freut man sich doch wenn man so etwas sieht. Das Griffbrett an sich war anfangs etwas trocken. Das legte sich beim Spielen und bei einer Nachbehandlung mit allem aber sehr schnell wieder.
Nun zu zwei Vorurteilen die mir schon vor dem Kauf bewusst waren:
PUs: Über die Quantums der Jem habe ich bisher oft schlechtere Bewertungen gelesen und denen teilweise stand dass sie matschig und unsauber klingen. Davon musste ich mich erstmal selbst überzeugen. Also angesteckt und losgelegt, da beeindruckte mich die Jem ein zweites Mal. Unglaubliche Klangklarheit egal ob Humbucker oder gesplittet mit dem Mitten-Coil. Der hintere Humbucker macht ordentlich Betrieb und bringt den Amp schon im Cleanbereich zum kochen. Der kleine single Coil in der Mitte kann das aber genauso gut. somit sind wir schonmal gut gewappnet für Riffs wie Erotic Nightmares.
Der Halsabnehmer hat genau das was man für knackige Rock solos braucht. Viel mehr Klangweiche als der Stegabnehmer mit trotzdem ordentlich Gain ohne gleich matschig zu klingen. Gesplittet mit dem Mittencoil gibt es bald keine bessere Konfiguration für weiche und sanfte Clean Sektionen.
Was einem auch direkt auffällt: Mega Sustain für diese Preisklasse. Perfekt für Dive Bombs und ähnliche Tremolo Tricks.
Da kommen wir auch schon zum zweiten: Das Tremolo...
Ich hatte durch die S520 ein gutes Vergleichsmodell. Diese hatte das Ibanez Edge-Zero II Tremolo. Die JemJr jedoch nur das Standard double Locking Tremolo, was in anderen Bewertungen oft als stimmunstabil und schwer zu bewegen gilt...
Das Edge-Zero II lief wirklich butterweich von der Hand. Dadurch war es leider viel zu empfindlich dafür beim spielen die rechte Hand aufzulegen. Auch beim Postionswechsel des Tremoloarms verstimmte es sich sofort durch die Lastverteilung (wir sprechen von 10-25g).
Das Standard Locking der Ibanez JemJr ist wesentlich straffer. Der Tremolohebel zusammen mit der Feststellschraube ist im Gesamten von der Qualität her minderwertiger aber dafür nicht schlechter. Er hält an allen Positonen und lässt sehr weich bewegen. Durch die hohe Steifigkeit der Federn ist dieses Tremolo im Gegensatz zum Edge-Zero II sehr viel stimmstabiler. Ich kann die rechte Hand beim spielen ohne große Bedenken auflegen ohne die Höhe des Tremolos zu beeinflussen. Nach einigen heftigen Dive Bombs mehreren Spielstunden stimmte die Jem immernoch zu 100%.
Die Ibanez JemJR ist eine wirklicher Augenfang, für Leihen sowie für Eingeweihte. Klanglich hat sich mich vollstens überzeugt. Sie hat genau das was der S520 gefehlt hat: einen dickeren Korpus und einen Abnehmer mehr :D
Für die erste Gitarre mit Floyd Rose und Humbucker Splitting eignet sie sich wirklich bestens. Sie hat ordentlich Kraft im Klang und ist trotzdem sehr vielseitig einsetzbar. Sie hat kaum Defizite und wenn dann liegen diese in der austauschbaren Hardware die aufgrund von Verschleiß sowieso nach ein paar Jahren rausfliegt. Ausserdem bin ich ein Bastler und lasse bestimmt sowieso kaum etwas an Hardware original.
Fazit: Die Ibanez JEMJR ist ein klasse gelungenes Allrounder-Modell auch für Gitarristen die mit Steve Vai eher weniger am Hut haben. Sie bietet ein sehr breites Klangspektrum mit dem man für Blues- Rock- und Metalgenres gut gerüstet ist.
Das Tremolo welches (warum auch immer) oft schlecht geredet wird, erscheint sich für mich sogar als das bessere durch die höhere Stabilität. Dieses wird aber früher oder später sowieso ausgetauscht.
Wer also nach einer eher außergewöhnlichen Super-Strat sucht die man nicht alle Tage sieht, und auch klanglich etwas eher spezielles sucht der ist hier genau richtig. Für mich zeigt die JemJR wieder einmal das Ibanez für Qualitativ hochwertige Gitarren steht. EGAL in welcher Preisklasse.
Ich bin wirklich sehr zufrieden, würde sie ein zweites Mal kaufen und gebe jedem, egal ob Vai oder Nicht-Vai Fan eine klare Kaufempfehlung.