Zuerst zu mir. Ich bin DJ seit den 90ern, speziell mobil für Familienfeiern jeder Art.
Ich habe mit MCs gearbeitet, später mit CD, MD und BPM Studio. Vor Jahren bin ich auf VirtualDJ umgestiegen und nutze seit dem den Denon MC6000 - einen Klassiker.
Dieser hat bzgl. der PLAY/CUE-Tasten ein bekanntes Qualitätsproblem und steht nun an, ersetzt zu werden.
Im Rahmen dieses Neuerwerbs wurde u.a. der ROLAND DJ-707M getestet, da er speziell für mobile DJs beworben wird. Zusammen mit einigen Kollegen wurde das Gerät beim Stammtisch ausführlich geprüft und grundsätzich für gut befunden.
(1) Größe / Gewicht / Übersichtlichkeit
Die Größe des Gerätes ist ideal, passt es doch mit wenig Umbaumaßnahmen in vorhandene 19" Cases - in meins jedenfalls. Ich habe den Denon (s.o.) mit Rackschienen ausziehbar im Case verbaut.
Der ROLAND ist etwas breiter, etwa so breit, wie der Denon MC6000 mit seinen Rackwinkeln.
Und er hat 4 voll nutzbare Kanäle. Die Übersichtlichkeit leidet dadurch m.E. nicht und ist deutlich besser, als beim Denon MC6000, egal ob MK1 oder MK2.
Der Roland hat sogar ordentliche LED-Aussteuerungsanzeigen für die 4 Haupt-Eingänge und den Master-Out. Vorbildlich!
Die mittlere, also der Mixer-Bereich ist mit einer Metalloberfläche ausgestattet, der Rest aus Kunststoff. Das ist der optimale Kompromiss zwischen Gewicht und dauerhafter Haltbarkeit.
(2) Mixersektion
Der eingebaute Mixer ist klasse. Es gibt zum Main Out noch einen Booth- und einen Zone-Out. Diese können, ähnlich einen AUX bei Profi-Mixern, individuell mit den Eingangs-Signalen belegt werden. So ist es z.b. möglich, den Zone-Out mit einem separaten Line-Signal (AUX IN vorne) vom Handy o.ä. zu beschicken, Mikrofondurchsagen können trotzdem über den Main-Out und AUCH auf den Zone-Out geroutet werden.
Der Mixer mixt standalone (analog?) im Gerät und es lassen sich Plattenspieler oder Line-Geräte an die 4 Kanal-Inputs anschließen, wie vom Denon gewohnt.
(3) Mikrofon-Inputs
2 vollwertige MIC-Eingänge, sogar mit 3-Band Klangregelung, eingebauten Filtern (Klang-, Pitch-Effekte) und Talk-Over-Funktion. Für mobile DJs ohne separaten Mixer ideal. Talk-Over nutze ich selber nicht, beim Test anwesende Kollegen meinten jedoch, je nach Arbeitsweise kann das ein Ausschlußkriterium sein. Wer als DJ mit dem Mikrofon zwischen den Gästen unterwegs ist, (Moderation bei Hochzeiten, ggf. Brautschuhversteigerungen usw. durchaus üblich) weiß die Fuktion sehr zu schätzen, wenn leise Hintergrundmusik ohne zutun automatisch beim Sprechen geruntergeregelt wird.
Im Übrigen ist der vordere AUX-Eingang auch von Stereo-Line-In auf 2x Mono-In oder 2x MIC-in schaltbar. Damit sind im Notfall 2 weitere Mikrofone anschließbar - wenn auch nur über einen Knopf geregelt und ohne Klangregelung.
(4) SOUND
Roland hat einen gewissen (guten) Ruf und ich konnte im Test nichts feststellen, was diesen Ruf - die Soundqualität betreffend - schädigen könnte.
(5) Drum Computer (TR) / Soundeffekte (OSC)
Die eingebauten Zusatzfunktionen sind bei Roland Teil des Ökosystems und ein Alleinstellungsmerkmal.
Wenn man mal verstanden hat, wie sich die verschiedenen Drum-Loops und Drum-Sounds nach Musikrichtungen sortiert auswählen und bedienen lassen, ist das eine tolle Funktion. Auch, dass der 707M versucht, die selbst erzeugten Drum-Loops mit den Spuren aus dem Computer zu synchronisieren, ist klasse und funktioniert sogar recht gut. Man muss nur wissen, dass sich der TR dann immer am aktuellen "Master"-Deck in der Software richtet. VDJ-User beachten das möglicherweise nicht, da hier in der normalen Bedienung unwichtig ist, welches Deck gerad als "Master" betrachtet wird. Im Zusammenspiel mit dem TR im Roland muss man das aber beachten.
Die Soundeffekte auf den rechten Performance Pads sind durchaus ok und übertreffen klanglich die aus früheren (billigen) DJ-Mixern bekannten Effekten deutlich. Sie sind auch anschlags-dynamisch, also klingen entprechend, wie man die Pads anschlägt. Das muss man aber selbst probiert haben, um zu entscheiden, ob man das braucht.
Was nicht so gefallen hat:
(1) Fehlende LOOP-Sektion
Nun, die fehlt nicht, ist aber auf die Performance-Pads ausgelagert. Das gefällt mir gar nicht, da ich die LOOPS recht häufig benutze und nicht jedes Mal erst per SHIFT-AUTO/MANUAL die Pads auf LOOP-Betrieb umstellen und hinterher wieder auf CUE zurückschalten möchte. CUE-LOOP ist wahrscheinlich alternativ benutzbar - muss man sich aber erst daran gewöhnen.
(2) Display etwas zu klein
Da die gesamte Mixer-Sektion und die Einstellung der Drum-Loops über das 2zeilige Display eingestellt werden, hätte dieses gern etwas größer ausfallen dürden. Gern hätte ich hier ein 5"-Touch-Display gesehen. Das wäre dann sicher etwas intuitiver bedienbar gewesen. Auch könnte man hier die Mixerkanäle ähnlich wie an einem digitalen Mixer einstellen (Filterkurven, o.ä.) - das wäre klasse.
(3) AUX Input ohne Funktion
Leider konnten wir auch im Team den Stereo-Line-In an der Front unter VirtualDJ nicht zur Mitarbeit bewegen. Unter SERATO läuft er, sobald man VDJ startet, ist Stille. Umgeschaltet auf MIC-Pegel arbeitet er wie erwartet. Da muss wohl noch nachgebessert werden. Ob seitens VDJ oder der Geräte-Firmware, kann ich nicht einschätzen. So ist die eigenlich coole Funktion, ein Tablet o.ä. zur Zone-Beschallung zu nutzen, leider unter VDJ nicht nutzbar.
(4) AUX Input nicht vorhörbar
Soweit wir im Team herausfinden konnten, gibt es keine CUE-Taste für den vorderen AUX Input. Somit stellt man die Lautstärke hier blind ein - ohne Vorhörfunktion. Das geht nur mit einem 2. Mann, der entsprechend im 2. Raum die ZONE abhört und Rückmeldung gibt. Auch das sollte berücksichtigt werden.
(5) AUX-Regler vorn mechanisch empfindlich
Die Ausführung der Bedienelemente auf der Oberfläche scheint klassenüblich sehr gut zu sein. Alle Regler sitzen fest und lassen sich gut bedienen. Der halb versenkte Volume-Regler für den AUX-Input an der Front war in meinem Falle lose, d.h. er ist mechanisch nicht gut verankert. Soweit ich nach Abnehmen der Kappe erkennen konnte, ist die Zentralbefestigung der Achse nicht mit dem Gehäuse verbunden. Wenn hier jede mechanische Belastung direkt von den Anschlussbeinchen auf den Lötaugen abgefangen werden, ist das m. E. eine dauerhafte Quelle für Fehler. Das sollte so nicht sein. Bleibt man doch bei exponierter Front gern mal mit der Jacke, dem Gürtel o. ä. an dem Knopf hängen.
FAZIT:
Der Roland DJ-707M ist ein wirklich tolles Gerät. Soundtechnisch super und mit einigen genialen Funktionen ausgestattet, die manch ein Kollege gut zu nutzen weiß.
Wer aber - so wie ich - einen digitalen Mixer (Soundcraft UI12) mit im Case verbaut hat, kann auf die gesamte Mixer-Sektion des Roland gut verzichten. Ebenso hätte ich die beiden Mic-Eingänge praktisch niemals genutzt. Schade drum.
Die Größe des Gerätes bei 4 Kanälen ist schon geradezu einzigartig. Der Wunsch nach einem 19"-fähigen Gerät höre ich immer wieder... Leider kommt da marktübergreifend nichts gutes mehr nach.
Insofern sollte sich jeder mobile DJ, der mit einem Neuerwerb liebäugelt, den Roland mal in Erwägung ziehen.
Der Drum-Computer und die Soundeffekte sind nicht schlecht, stellen für mich persönlich aber keinen wirklichen Vorteil dar. Da muss jeder selbst entscheiden, was man braucht und nutzen will.
Die mechanische Ausführung der vorderen Knöpfe sollte man im Auge behalten und herstellerseitig für spätere Editionen verbessern.
Wer genau für die fehlende Funktion des AUX Inputs unter VDJ zuständig ist, weiß ich nicht. Da muss man auf jeden Fall nacharbeiten.