"Der Basilikum ist tot", und nicht nur der! Eure Band demnächst auch!!! Zumindest wird sie für unbestimmte Zeit in den irdischen Kälteschlaf versetzt, ohne zu wissen, wann und ob sie überhaupt jemals wieder zum Klingen gebracht wird. Wie kam es zu der Entscheidung, dass dieses Album und die anstehende Tour die letzte sein wird?
PHRASENMÄHER: Diese Entscheidung ist bei uns schon länger gereift. Uns gibt es als Band im Herbst 2016 dann 13 Jahre. Irgendwie erschien uns der Zeitpunkt gekommen, wir waren dann so weit. Wir hatten alle immer schon vielseitige Interessen, haben neben Phrasenmäher auch alle an unseren eigenen Projekte unterschiedlichster Art gearbeitet. Die Band hatte aber immer oberste Priorität. Die anderen Dinge standen immer hintenan. Nun wollen wir mal ein paar neue Dinge ausprobieren und gucken, wie sich das anfühlt.
Wie sahen die Reaktionen auf diese Ankündigung aus?
PHRASENMÄHER: Eigentlich haben sich fast alle verständnisvoll gezeigt, natürlich aber auch sehr traurig. Und eine Frage wird immer wieder gestellt: "Wann macht ihr weiter?" Darauf können wir aber wirklich nichts antworten. Unsere Pause startet ja erst so richtig im Herbst. Vorher steht ja noch einiges an. Im April sind wir zum letzten Mal auf Tour, und das mit einem komplett neuen Akustikprogramm. Tickets, Infos & Termine gibt es auf hochklappdings Punkt de. Wir kommen nach Berlin, Hannover (ausverkauft), Reutlingen, Essen, Kiel, Lüneburg, Flensburg, Leipzig, Göttingen, Gifhorn und Rüsselsheim. Am 20. & 21. Oktober spielen wir dann in Hildesheim und Hamburg unsere Abschiedskonzerte. Der Vorverkauf läuft schon.
Die Videosingle "Der Basilikum ist tot (Pianoversion)" schwingt, trotz des unserer Meinung nach fast an Lächerlichkeit grenzenden Titels, wie ein packendes Requiem ins Ohr und Auge, wie ein melancholisches Lebewohl auf all das, was man miteinander hatte (bezogen auf Fan und Band) - trotz aller ungewollt aufkommenden Bilder von vertrockneten Blättern einer trostlosen Topfpflanze auf der Fensterbank einer Hinterhausküche Richtung Norden. War das beabsichtigt, diese wehmütige Fairwell-Aspekt, oder hat das einfach gepasst wie 'Arsch-auf-Topf'?
PHRASENMÄHER: Ach, lächerlich ist das doch eigentlich gar nicht. "Der Basilikum ist tot" ist die entscheidende Zeile des Liedes und deswegen auch der Titel. Die Erkenntnis dieser Tatsache führt zu allen weiteren Gedanken. Und klar, es heißt "Das" Basilikum. Aber das klang uns zu unpersönlich, der Basilikumstrauch aus dem Lied hatte in Wirklichkeit sogar einen Namen. Du hast aber schon Recht: Das Lied passt tatsächlich hervorragend zum aktuellen Abschied von uns als Band.
Und, da nicht jeder eure famosen Song-Erläuterungen auf Spotify hören kann: ist das eigentlich ein Prä-, Mittendrin-in-einer-Trennung- oder doch schon ein Post-Trennungssong?
PHRASENMÄHER: Naja, in dem Lied geht es ja auch nicht nur um Beziehungen oder Trennung. Es beschreibt auch, wie man sich in dem Moment fühlt, in dem man realisiert, dass man Abschied nehmen muss oder loslassen will, egal von was. In solchen Momenten fühlt man sich meistens ziemlich allein. Dann klingen dann auch wir auf einmal gar nicht so lustig - ungewohnt, aber wir mögen es.
"Passive-Aggressive" ist für eure Verhältnisse ein relativ elektronischer Track, die gesamte Rhythmusspur klingt sehr funky und Dancefloor-mäßig gesampelt und durchprogrammiert. Hinzu kommen fette Riffs, die jeder Grunge- und Metal-Band gut zu Gesicht stehen würden. Im Mix wurde dieser Starkstromanteil popmäßig gedimmt, und schon haben wir wieder einen typischen, aber ungewöhnlichen Phrasenmäher-Song. Dann reiben wir uns die Augen bzw. die Ohren, denn es folgt ein waschechter Country-Song mit "Der ganze Osten heißt Mandy". Mit solch unerwarteten Konfrontationen der stilistischen Art geht es munter weiter auf "Wir wären dann soweit". Und jetzt kommt erst die Frage: stand die Entscheidung für den Abschied aus dem Popzirkus vor dem Gang ins Studio oder erst nach der Produktion des Albums fest? Denn was wir gerne wissen würden: welche 'Effekte' hatte diese Entscheidung möglicherweise auf den Songwriting-Prozess und/oder auf die finale Produktion?
PHRASENMÄHER: Ausgesprochen haben wir das alle erst nach der Produktion, aber wir haben uns jeder schon mal vorher unsere Gedanken gemacht. Auf den Songwriting-Prozess und die finale Produktion hatte das aber eher keinen oder wenn, sehr wenig Einfluss. Ja klar, vielleicht ist "Der Basilikum ist tot" textlich schon ein kleiner Vorbote des Bandabschieds gewesen. Aber im Kern waren andere Fragen entscheidender: Was wollen wir im Gegensatz zum letzten Album verändern? Was wollten wir immer schon mal machen? Was beschäftigt uns gerade?
Na dann... Wie sieht das Leben nach der Band aus? In welchen Bereichen arbeitet/agiert ihr weiter? Oder hat euch die Entwicklung der Band in den letzten Jahren, finanzielle Spielräume eröffnet, die euch den Ausstieg aus dem Popzirkus ohne kurzfristiges Konzept für Zukunft ermöglicht?
PHRASENMÄHER: Nee, also finanziell ausgesorgt haben wir definitiv nicht. Eher müssten wir uns in fünf bis zehn Jahren wohl finanzielle Sorgen machen. Der Satz "Cooles Album, aber ich brauche es nicht, ich habe Spotify" kam in letzter Zeit häufiger am Merch-Stand. In den letzten Jahren hatte jeder nebenbei schon seinen eigenen Bereich, in dem er aktiv war. In Zukunft vertieft jeder von uns das bestimmt etwas. Aber wir sind ja auch alle noch als Musikautoren bei Sony/ATV unter Vertrag. Das heißt, Musik komponieren und Texte schreiben für andere Künstler und Projekte - das wird in Zukunft auch weiter einen Teil unseres Schaffens ausmachen. Das machen wir dann durchaus auch noch als Team zusammen, je nachdem wie es passt.
Welche positiven Seiten könnt ihr der bevorstehenden Auflösung abgewinnen?
PHRASENMÄHER: Es öffnen sich bereits jetzt für jeden von uns neue Türen, teilweise auch ganz unerwartete. Das ist auf jeden Fall spannend.
Was werdet ihr am meisten vermissen?
PHRASENMÄHER: Vermutlich werden uns die Konzerte fehlen, auch der Austausch mit so vielen neuen und bekannten Leuten in all den Städten. Außerdem wird der Kontakt zu manchen Menschen etwas weniger, die uns in den letzten Jahren intensiv bei der Arbeit begleitet haben. Das ist natürlich auch schade.
Was bleibt?
PHRASENMÄHER: Auf jeden Fall ein Haufen Erinnerungen an Dinge, die wir uns vor 13 Jahren nie zu träumen gewagt hätten. Aber auch unsere Lieder bleiben ja in der Welt, das ist total schön. Drei Studioalben und ein Live-Album, knapp 30 Stadthymnen und all die anderen kleinen Liedchen, Clips und so.
Eben schon erwähnt, habe auch wir uns euer aktuelles Album dank freundlicher Unterstützung der kostenlosen Streaming-Variante von Spotify angehört. Habt ihr mal durchgerechnet wieviel Cent für einen solch typischen Fall der Verfügbarkeit auf Abruf hängen bleiben?
PHRASENMÄHER: Es ist weniger als in der offiziellen Erklärung von Spotify. Die Zahlen schwanken ja etwas, da wird häufig von um die 0,005 Cent pro Stream gesprochen. Bei uns war aber eher noch eine Null mehr hinterm Komma. In den Sommerferien 2017 hoffen wir, endlich genügend Geld für eine bunte Tüte am Kiosk zu haben. Das wird ein Fest.
Apropos Spotify: ihr habt jedem eurer Songs einen ca. einminütigen Kommentar angedeihen lassen. Wow! Das erfreut das Journalistenherz. Aber: ist das üblich auf Spotify? Oder hattet ihr keinen Bock auf Pressearbeit?
PHRASENMÄHER: Weder noch, aber die Frage ist jetzt ehrlich gesagt etwas verwirrend. Wenn wir zu jedem Song einen einminütigen Kommentar auf Spotify stellen und danach noch 15 Fragen ausführlich beantworten, ist das doch sehr ausführliche Pressearbeit, oder nicht? Natürlich haben wir das aber auch für alle anderen, die sich dafür interessieren, ins Netz gestellt. Wir haben auf jeden Fall kein Problem damit, über unsere Musik zu sprechen. Ist doch schön, wenn sich jemand dafür interessiert.
Die absolut unglaublichste, durchgeknallteste, sich nie und niemals wiederholende Story eurer Karriere geht so:...
PHRASENMÄHER: Also, dass unser Manager Andreas "Bär" Läsker uns durch Zufall im Radio entdeckt hat, war schon ein kleines Märchen. Dass wir eine Zeit lang mit dem längsten Song der Welt im "Guinness Buch der Rekorde" standen sicherlich auch. Die Produktion, das Texten und der Videodreh haben auf jeden Fall richtig lang gedauert und waren eine echte Erfahrung. Und dass uns bei einem wichtigen Contest vor ein paar Jahren mal während eines Liedes, der Bass und die Gitarre kaputt gegangen sind und wir das Lied vierhändig am Klavier beenden mussten, gehören auch dazu.
Wenn ihr zurückschaut: was ist eurer Meinung nach der gelungenste Phrasenmäher-Track, D-E-R Song, der einen magischen Moment für alle Zeiten festgehalten hat?
PHRASENMÄHER: Vielleicht ist das "Liebe Lieder". Ein eher kleines, dummes Lied - musikalisch und textlich. Aber es hat uns schon ganz am Anfang etwas Wichtiges verdeutlicht: Bei unserem ersten Auftritt außerhalb unserer Heimatstadt haben wir nach zwei Metal-Bands und einer Hip-Hop-Combo gespielt. Das klang alles viel fetter als wir drei damals und das Publikum hatte nicht gerade auf uns gewartet. Also dachten wir, wir müssen einen großen Bruch erzeugen und komplett aus dem Rahmen fallen. Mit "Liebe Lieder" haben wir dann angefangen und die Leute haben uns sofort zugehört. Seitdem haben wir immer gesagt: Lieber nicht anpassen und was Eigenes machen, als andere zu kopieren. Und lieber freundlich sein, als cool zu tun, wenn du unsicher bist. Das hat dann über die Jahre bestens funktioniert.
Und das sind die Termine für eure anstehende Akustiktour 2016:
PHRASENMÄHER: 19.10.16 Hildesheim (Kufa Löseke, Zusatzshow), 20.10.16 Hildesheim (Kufa Löseke, Ausverkauft), 21.10.16 Hamburg (Mojo Club).
LINK: c-tube Profil von PHRASENMÄHER