Bandinterview: Kathrin Kempf

13.11.2016
Interview und Musikvideo mit Kathrin Kempf

Interjú

Eine wahre Kempferin gegen alles, was nur Fassade und Fake ist... Deine Texte sind wie offengelegte Tagebücher und deine Musik verdammt ehrlich. Wie lange machst du schon Musik? Und was war zuerst da: das Notenheft oder das Tagebuch?

KATHRIN KEMPF: Ein Notenheft gab es in diesem Sinne nie. Ich bin größtenteils Autodidaktin. Bis auf 2 Jahre Gitarrenunterricht war der theoretische Input eher klein. Begonnen hab ich mit 14 Jahren, häufig mit Textskizzen auf Papier. Daraus entstand später der fertige Song. Ganz intuitiv und spontan.


Gab es auch schon mal Bandprojekte oder warst du schon immer besser allein im Proberaum?

KATHRIN KEMPF: Was heißt besser... Es hat mir definitiv geholfen auch in Bandprojekte involviert zu sein. Ich hab es immer schon gemocht im Bandkontext Musik zu schreiben und habe gute Erinnerungen daran. Genretechnisch war das auch sehr bereichernd. Von Grunge über Metal bis zum Indie Rock war alles dabei. Gute Basis für das, was ich jetzt mache.


Warum entscheiden sich deutsche Musiker für den mühseligen Weg mit dem Wörterbuch, warum texten sie nicht gleich auf Deutsch?

KATHRIN KEMPF: Schwer zu sagen. Weil du das Wörterbuch ansprichst: Ich habe oft das Gefühl, dass viele deutsche Künstler, die auf englisch singen wirklich leider zu sehr gewollt und wenig authentisch klingen, zu sehr nach Wörterbuch. Der natürliche Zugang ohne bewusstes "Reim dich oder ich fresse dich - Muster" fehlt oft. Obwohl es auch viele sehr, sehr gute Bands und Künstler in dem Bereich gibt, das soll nicht unter den Tisch fallen. Die meisten stechen jedoch nicht heraus für mich. Vielleicht auch ein Grund, warum deutschsprachige Musik so stark vermarktet wird. Die Leute haben einfach eine direktere Verbindung, eine ungefilterte Rezeption. Das kann man allerdings auch bei Musikhörern erreichen, die viele englisch singende Bands hören. Für mich kam die englische Sprache durch die Bands, die ich einfach gut fand. Die kamen aus den USA, England und Kanada. Da war keine Brechstange oder Marketingstrategie hinter. Als Jugendliche vielleicht auch noch so ein wenig als Abgrenzungsmechanismus gedacht. Die Texte haben mich erreicht, das wollte ich auch vermitteln. Und kam so zum Texten auf Englisch.


Wenn man allein Musik macht, ist man bekanntlich flexibler unterwegs. Bist du oft mit Gitarre auf Reisen oder im Park am Jammen?

KATHRIN KEMPF: Wenn ich wegfahre, nehme ich die Gitarre gerne mit, im Sommer bietet sich der Main gut als Ort für Sessions an. Von allem ein bisschen.


Wo schreibst du deine Songs? Gibt es besonders magische Orte, die deine Kreativität ankurbeln?

KATHRIN KEMPF: Nein, das ist eher weniger notwendig. Ich habe ständig Ideen im Kopf, die besonders im Auto oder der Bahn ins Rollen kommen. Dort kann ich abschalten und vor mich hin überlegen. Schöne Landschaften sind natürlich immer eine Inspiration, vor allem am Meer. Aber kein Muss für gutes Songwriting. Am ehesten geht das mit Daniel, meinem guten Freund und Produzenten im Studio. Dort können wir das dann sowieso direkt aufnehmen, was immer hilfreich ist.


Was macht dein Equipment aus uns worauf legst du besonderen Wert?

KATHRIN KEMPF: Ich spiele momentan eine Martin DRS-1 und bin sehr zufrieden damit. Sie ist auch auf den Aufnahmen der aktuellen EP zu hören. Warmer, klarer Ton, gutes Handling, sehr zuverlässig in den Tiefen und Höhen, ausbalanciert. Das sind für mich essentielle Charakteristiken für eine gute Gitarre. Weitere Anschaffungen sind in Planung, eventuell nochmal klanglich eine Veränderung in Richtung Konzertgitarre.


Im Video "Little Boxes" schaffst du auf einfache Art tiefenwirksame Atmosphäre. Nachdenklich und verträumt flimmern die Klänge der herzwärmenden Kombination aus akustischen und elektrischen Gitarren. Aber nicht nur die Musik lässt ein Gefühl der Melancholie in mir zurück, auch dein ehrlicher und unaufgesetzter Gesichtsausdruck lässt mir etwas Sinnliches zurück. Was kannst du uns über "Little Boxes" verraten?

KATHRIN KEMPF: Puh, "Little Boxes"... Es stand relativ schnell fest, dass wir dazu ein Video drehen möchten. Viel gibt es zum Song nicht zu sagen, außer dass es um die sprichwörtliche Beziehungskiste geht, in der man oft stecken bleibt und sich so lange gegenseitig unglücklich macht, bis man spürt: Unnötig. Man verliert sich. Und auch wenn's weh tut - das Leben geht doch irgendwie weiter.


Welche Künstler haben dich in letzter Zeit am meisten inspiriert?

KATHRIN KEMPF: Wie schon all die Jahre werde ich über die Sounds, Texte und Konzeptarbeit von Radiohead einfach nicht fertig. Großartige Band, tolles neues Album! Ansonsten höre ich gerade einiges querbeet. Neoklassik auf Klavier von Martin Kohlstedt, schöner Classic Rock von The Winery Dogs, das neue Nick Cave Album oder eben Klassiker wie "blonde on blonde" von Bob Dylan.


Vor kurzem ist deine Debüt-EP "Silver Spoon" als erstes Release erschienen. Was möchtest du mit "Silver Spoon" sagen?

KATHRIN KEMPF: Der Silberlöffel ist eine schöne Analogie aufs Leben, die an einem Gewitternachmittag mit Freunden vor ca. 10 Jahren entstanden ist. Die Grundaussage ist so einfach wie selbsterklärend: Es gibt wenige Momente, die besonders sind. Wenige Menschen, die so besonders sind, dass du sie nicht mehr gehen lassen solltest. Halt sie fest, solange du kannst. Nimm den Silberlöffel. Und schau nicht zurück.


Was ist in den letzten drei Jahren passiert? Hattest du die ausgetrampelten Pfade zum Lagerfeuer satt oder wie kam die erste Studioaufnahme zu Stande?

KATHRIN KEMPF: Ich wollte einfach ein professionell produziertes Abbild meiner kreativen Bandbreite. Dass ich dabei auch noch einige sehr gute Freundschaften knüpfe kam unerwartet, tat aber beim Produktionsprozess sehr gut und zeigt sich auch in der tollen Resonanz auf die Songs bisher. Die Leute hören: Das waren Songs, die Freunde miteinander produziert haben. Kein Kalkül, kein Perfektionismus. Da sitzt auch mal ein Ton schief. Das war mir wichtig.


Du hast deine Aufnahmen bei BAXXBEAT Music gemacht, wie seid ihr miteinander in Kontakt getreten?

KATHRIN KEMPF: Ich habe Daniels Musik und seine Produktionen schon immer bewundert und über Aschaffenburger Freunde von seinem Label gehört. Irgendwann hab ich ihm einfach mal meine Songs geschickt und er war begeistert. So kam die Zusammenarbeit zustande.


Was tun bei kalten Temperaturen? Wie wärmst du Herz und Seele im Herbst und Winter?

KATHRIN KEMPF: Gute Freunde, Kultur, sich warme Gedanken machen.


Was sind die nächsten Konzerte, Pläne und Tagträume?

Grob in Planung ist eine kleine Tour im Januar, für nächstes Jahr vielleicht ein Album. Mal sehen. Alles Weitere wird zeitnah verkündet.


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