Als im Herbst letzten Jahres der zweite Lockdown vor der Tür absehbar wurde (dass es bei 14 Tagen "Wellenbrecher" bleiben würde, habe ich der Politik nie abgenommen), habe ich mir einen langjährigen Wunsch erfüllt und mir endlich ein ordentliches Bluegrass-Banjo zugelegt. Seit ich vor über zehn Jahren mal zufällig bei einem Stringdusters-Konzert gelandet bin, hat mich die progressive Spielweise dieser Musik völlig angefixt. Was Leute wie Bela Fleck oder seine Partnerin Abigail Washburn mit diesen Instrumenten anstellen, ist einfach nur krass. Aber das nur zum Einstieg...
Ich hatte vorher schon ein wenig recherchiert und eigentlich ein Deering Goodtime 2 ins Auge gefasst. Das Instrument gilt in den USA als *das* Einsteiger-Banjo schlechthin. Generell wird dort von den Lehrern empfohlen, nicht unter 500 Dollar einzusteigen. Im Vergleich zu Gitarren sind die Instrumente halt weniger weit verbreitet und die Feinjustierung ist komplexer, sodass es weniger Spielraum für Industrialisierung und Massenfertigung gibt.
Doch dann kam der Schock: Nachdem ich mich endlich zum Kauf eines Banjos durchgerungen hatte, musste ich feststellen, dass im Zuge der Corona-Krise Deering-Banjos in Europa nahezu unverfügbar wurden. Eine Alternative musste her und ich fand das CC-100R von Gold Tone. Gold Tone ist wie Deering auch ein amerikanischer Hersteller, der bei seinen günstigeren Serien jedoch auch in Fernost fertigen lässt und dann in den USA die Feinjustierung übernimmt. Da man in den entsprechenden Foren sehr positive Rezensionen zu Gold Tone findet, habe ich dem dann eine Chance gegeben - und wurde nicht enttäuscht.
Als Einsteiger-Banjo bietet das CC-100R bzw. CC-100RW vielleicht sogar einen kleinen Vorteil:
Der Resonator lässt sich recht einfach mit drei Schrauben lösen. Er besteht aus einem leichten Kunststoffmaterial, wie man es auch von Ovation-Gitarren kennt. Hierdurch wird das Banjo musikalisch flexibler:
Im Bluegrass gibt es zwei konkurrierende Anschlag-Stile. Die meisten Gitarristen werden den sogenannten Scruggs-Style mit Fingerpicks bevorzugen, denn wer bereits Folk-Pickings beherrscht, wird da ziemlich schnell drin sein. Die meisten Scruggs-Spieler wiederum bevorzugen das Spiel mit Resonator, da dadurch das Banjo lauter ist und perkussiver klingt.
Der sogenannte Clawhammer-Stil ist etwas lyrischer, wird ohne Fingerpicks mit den Fingernägeln angeschlagen und wird mit Resonator zu knallig.
Wer jetzt etwas experimentierfreudig ist, kann relativ schnell den Resonator abmontieren, vergleichen und gucken, wo die Reise hingeht.
Vielleicht noch abschließen ein paar Worte zu Banjos generell:
Wer sich ein Banjo kauft, sollte sich vorher bewusst machen, was für Musik er damit spielen will. Die Auswahl des Instruments hängt davon entscheidend ab. Wer den typischen Bluegrass-Sound möchte, braucht zwingend die fünfte Saite (Drone genannt). Ohne die wird es nichts. Viersaiter haben sich aus den Fünfsaitern entwickelt, weil beispielsweise im Dixie-Jazz vorwiegend Akkorde angeschlagen werden und den Musikern die fünfte Saite schlicht im Weg war. Diese Instrumente haben dann den Weg nach Irland in die Folk-Musik gefunden, wo das Banjo dann reines Melodie-Instrument wurde. Dort wurde dann der Hals etwas verkürzt und es entstand das Irish-Tenor-Banjo. Sechssaiter sind eigentlich nur 'ne Spielerei für lernfaule Gitarristen, die irgendwie mal Banjo-Sound haben wollen... ;-)
Wer Bluegrass im Stil von "The Dead South" spielen möchte, wird mit einem Viersaiter nichts anfangen können. Wer eher sowas wie "Flogging Molly" oder "Dropkick Murphys" im Kopf hat, ist bei den Viersaitern auch gut aufgehoben. Sowas lässt sich aber mit einem Fünfsaiter auch spielen.
Und noch zuletzt:
CC 100R und CC 100RW unterscheiden sich nur durch die Breite des Fretboards. Da ich recht große Hände habe und ursprünglich mal mit der klassischen Gitarre angefangen habe, kommt mir dort jeder Millimeter Breite entgegen.