Wegweiser durch den Kabel-Dschungel

Wegweiser durch den Kabel-Dschungel

Klickt man im Thomann-Online-Shop auf den Reiter „Kabel“, werden einem 16 verschiedene Kategorien für unterschiedliche Kabeltypen angezeigt. In der ersten Kategorie „Instrumentenkabel“ sind dann 419 verschiedene Produkte gelistet! Okay, da sind viele gleiche Kabel in unterschiedlichen Längen und/oder Farben dabei, aber dennoch ist die Frage nach dem „richtigen“ Instrumentenkabel etwas, was jeden Instrumentalisten irgendwann beschäftigt. Man hört und liest ja immer: Kabel sind wichtig!



Kabelarten

Auf einem Konzert kommt am Ende aus den Lautsprechern der PA der Sound meiner Akustikgitarre so, wie ich sie auf der Bühne spiele. Wenn am Ende also dasselbe rauskommt, warum braucht man dann so viele verschieden Kabelarten? Eine vereinfachte Antwort: Weil die Kabel zwar eine inhaltlich identische Information übertragen (im Beispiel eben das Gitarrensignal), das Signal aber aus technischen Gründen ständig in seiner „Konsistenz“ verändert wird.

Ein Beispiel: Ein Mikrofon liefert an seinem Ausgang ein Signal ab, das eher ein „Signälchen“ ist, es ist wenige Millivolt stark. Eine Leistungsendstufe schickt dasselbe Signal aber mit Dutzenden von Volt zum Lautsprecher. Für das Übertragen dieser verschieden starken Signale braucht es verschiedene Kabel – oder anders ausgedrückt: Das Kabel und die Anforderungen der Anwendung müssen zusammenpassen! Das ist übrigens der Grund, warum man ein Gitarrenkabel nicht als Lautsprecherkabel missbrauchen sollte: Signalstärke und Kabel passen nicht zusammen!

Instrumentenkabel von pro snake

Das Instrumentenkabel und sein Aufbau

Das Instrumenten- oder Gitarrenkabel ist ein Kabel mit zwei identischen Klinkensteckern an jedem Ende. Die Stecker haben einen genormten Durchmesser von 6,35 mm (die Zahl ist deshalb so krumm, weil es die Umrechnung von ¼ Zoll ist …). Zur Übertragung des Signals hat das Kabel einen Innenleiter und zur Schutz des Signals vor Einstreuungen eine Abschirmung, die den Innenleiter umhüllt. Getrennt werden Innenleiter und Abschirmung durch eine Isolationsschicht. Der Innenleiter besteht aus vielen feinen verdrillten Kupferlitzen. Die Übertragung des Signals erfolgt mit einem Instrumentenkabel „unsymmetrisch“, im Englischen „unbalanced“ genannt. Das bedeutet, dass die Abschirmung als „Rückweg“ für das Signal genutzt wird, um den Stromkreis zu schließen.

 

Die verwendeten Klinken-Stecker verfügen über zwei Kontakte: einen für den Signalleiter und einen für die Abschirmung. Weil nur ein Signal übertragen wird, nennt man diese Stecker manchmal Mono-Klinkenstecker. Allerdings gibt es auch Klinkenstecker mit drei Kontakten, die Stereo-Klinkenstecker genannt werden, aber trotzdem Mono-Signale übertragen können (bei einer symmetrischen Übertragung). Deshalb ist die englische Bezeichnung der Klinkenstecker etwas universeller, weil im Namen keine verwirrende Info über das zu übertragende Signal vorkommt. Man benennt die Stecker nur nach ihren Kontakten: Unser Mono-Stecker heißt dann TS-Stecker, weil er den „Tip“-Kontakt und den „Sleeve“-Kontakt hat (tip = Steckerspitze, sleeve = Abschirmung). Der Stereo-Stecker heißt TRS-Stecker, wobei das zusätzliche „R“ für „ring“ und einen zweiten Kontakt für einen zusätzlichen Innenleiter steht.

Worauf muss man bei Steckern achten?

Genauso wichtig wie ein gutes Kabel sind die Stecker, die an diesem Kabel baumeln! Zwei Dinge sind bei hier wichtig: das Gehäusematerial und die Zugentlastung. Das sind die Dinge, die im harten Touralltag den Unterschied machen! Das Gehäuse sollte aus Metall gefertigt sein. Ich bin kein Freund von vergossenen Plastiksteckern, gar nicht so sehr wegen der Belastbarkeit, moderne Plastikmaterialien sind sehr stabil. Was mich stört: Bei einem Defekt am Stecker kann ich den nur abzwicken und in den Müll werfen. Einen Metallstecker kann ich aufschrauben und abgerissene Litzen wieder anlöten.
Ganz wichtig ist die Zugentlastung des Steckers. Es gibt zwei Varianten: Eine Klemmung mit Metallzungen, die um das Kabel gedrückt werden. Und die Variante mit einer Spannzange, die durch das Zudrehen des Steckers auf das Kabel gedrückt wird. Letzteres ist die Zugentlastung unserer Wahl, nur sie hält das Kabel dauerhaft sicher im Stecker, auch in der abgewinkelten Variante.

So eine Art Marktführer bei Steckern ist die Firma Neutrik. Mit Neutrik-Steckern, hier eine symmetrische Version) am Kabel könnt ihr nie etwas falsch machen, das sind ausgereifte und in jeder Hinsicht erprobte Stecker. Eine gute Alternative sind die Hicon-Stecker, die von Sommercable vertrieben werden. Gold am Stecker ist übrigens kein Klang-Kriterium. Vergoldete Stecker oxidieren nicht, das ist der einzige Vorteil des teuren Edelmetalls.

 

Was sind die Anforderungen für Instrumentenkabel für die Bühne?

Tja, der Sound ist es erst mal nicht! Was den Klang angeht, wage ich zu behaupten, dass jedes Markenkabel, das mit Markensteckern konfektioniert ist, gut genug für den Livebetrieb ist (zum Thema Kabel und Klang sage ich gleich noch was …). Wer sich mit Kabeln für den Livebetrieb ausstatten möchte, der braucht vor allem eins: robuste Kabel, die zuverlässig ihren Dienst tun!

Bühnenkabel müssen still bleiben!

Kabel auf Bühnen werden getreten, gezerrt, geknickt und über kurz oder lang ist die Bierdusche unumgänglich. Ein Bühnenkabel muss das alles aushalten ohne zu mucken. Sprich: Es muss all das hinnehmen, ohne dass es zum Knacken oder anderen Nebengeräuschen kommt. Vielleicht kennt ihr die Griffgeräusche, wenn ihr billige Kopfhörer auf den Ohren habt und ans Kabel fasst? Kabel, die einen mechanischen Kontakt mit Nebengeräuschen wie Knistern oder Rauschen am Ausgang quittieren, nennt man „mikrofonische“ Kabel. Durch die Bewegung werden kleine Spannungen erzeugt, die durch die nachfolgenden Verstärkungen hörbar werden. Die Lösung: Auf der Bühne müsst ihr in Zukunft absolut stillstehen, das Kabel darf sich keinen Millimeter bewegen. Keine gute Idee? Es geht auch anders: Als Gegenmaßnahme verbauen die Hersteller bei einigen Kabeln einen zweiten Schirm aus einem speziellen leitenden Material, das diese Spannungen absorbiert und der Mikrofonie entgegenwirkt. Aber auch solche Kabel haben eine „Rest-Mikrofonie“, die bei extrem hochverstärkten Sounds zu hörbaren Störgeräuschen führen kann.

Dekorationstipp für den Proberaum ;-)

Dekorationstipp für den Proberaum 😉

 

Bühnenkabel müssen gut abgeschirmt sein!

Aber nicht nur der Mikrofonie-Effekt versaut uns das Signal, viel schlimmer sind die Einstreuungen. Instrumentenkabel wirken wie Antennen – und schlechte Kabel sind verdammt gute Antennen. Gegen solche Einstreuungen hilft die Abschirmung, die ihr in verschiedenen Varianten antreffen könnt. Der einfachste Schirm ist der Wendelschirm, hier werden einfach Kupferlitzen in einem Band um das Kabel herumgewickelt. Das Problem ist nur, dass sich der Wendelschirm durch Bewegung, Knicken und Ziehen so verschieben kann, dass der Innenleiter nicht mehr vollständig bedeckt wird. Ergebnis: Einstreuungen sind Tür und Tor geöffnet. Die bessere Variante ist der Kreuzgeflechtschirm, ein geflochtener Schirm aus Kupferlitzen, der auch bei starken Bewegungen des Kabels die komplette Abdeckung des Innenleiters garantiert. Da für diese Art der Abschirmung aber ziemlich viel Kupfer verbaut wird, sind Kabel mit Kreuzgeflecht-Schirm teurer als einfache Kabel mit Wendelschirm.

 

Bühnenkabel müssen flexibel sein!

Nichts nervt mehr als starre Kabelspiralen, die sich einem als Stolperfalle um die Füße wickeln. Bühnenkabel müssen im Handling flexibel sein und möglichst wenig Eigendrall aufweisen. Leider stecken wir hier in einer Zwickmühle: Die ganzen eben genannten Maßnahmen um das Kabel „still“ zu halten – der Kreuzgeflechtschirm, der zusätzliche ableitende Schirm gegen die Mikrofonie, dicker Kabelmantel als Trittschutz – machen das Kabel zwangsläufig dicker und steifer und dadurch weniger flexibel. Letztlich müssen wir also einen Kompromiss aus einem Kabel mit gutem Handling und einer dauerhaft guten Abschirmung eingehen.

 

Höhenklau durch zu lange Kabel?

Vermutlich habt ihr schon mal vom Höhenverlust bei Gitarren durch zu lange Instrumentenkabel gehört? Verantwortlich dafür ist die hohe Ausgangsimpedanz passiver Pickups in Verbindung mit der Kabelkapazität, die zusammen einen Low-Pass-Filter bilden. Wie das genau passiert, wäre ein Thema für einen eigenen Blogbeitrag, wichtig ist: Je länger das Kabel, desto tiefer rutscht die Frequenz, ab der die Höhen abgedämpft werden. Ab welcher Länge dieser Effekt hörbar wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Auch das Instrument selbst und der Verstärker spielen hier mit rein. Oft wird von zehn Metern geredet, aber das ist wirklich nur ein grober Anhaltspunkt.

Jetzt wird es lustig: Ich kenne Gitarristen, die ganz gezielt schlechte und zu lange Kabel verwenden, weil sie genau diesen Höhenklau haben wollen. Je nach Klangvorstellung sind zu viele super transparente HiFi-Höhen im Gitarrensound ja gar nicht erwünscht. Nicht immer muss also das technisch beste Kabel auch das musikalisch geeignetste Kabel sein!

Keyboarder müssen sich übrigens wegen etwaigem Höhenklau keine Gedanken machen. Ihre Ausgänge mit niedriger Impedanz führen zu keinem hörbaren Höhenverlust auch bei Kabeln länger als zehn Meter. Ebenso verhält es sich bei Saiteninstrumenten mit aktiver Elektronik, auch hier ist der Ausgang so niederohmig, dass der Höhenverlust erst bei unrealistisch langen Kabeln auftreten würde.


Kabel, Klang und der Preis

Es gibt ein Instrumentenkabel, das kostet 6.598,90 US-Dollar für drei Meter Kabel (das Micro Golden Oval von Analysis Plus). Wie kann ein Instrumentenkabel über 6.000 Dollar kosten? Ganz einfach: Weil es Menschen gibt, die das bezahlen. Unter physikalischen Gesichtspunkten benötigt man keine besonderen Anstrengungen oder sündhaft teure Materialien, um das Audio-Signal mit seiner Bandbreite von maximal 20 Hz bis 20 kHz sauber zu übertragen, weshalb auch über den Sinn oder Unsinn solcher Produkte leidenschaftlich diskutiert wird.

Wer einen unterhaltsamen Abend erleben möchte, stellt Chips bereit, öffnet sich ein Kaltgetränk und googelt nach „Klang“ und „Kabel. Es gibt den Standpunkt der Pragmatiker, die jeglichen Einfluss des Kabels auf den Sound abstreiten und die physikalische Erklärung dafür liefern und die der Klang-Esoteriker, die bei 6.000 Dollar deutlich mehr „Transparenz, Räumlichkeit und Druck“ hören (müssen). Okay, ich oute mich, ich stehe eher auf der Seite der Pragmatiker.

Ihr müsst übrigens keine 6.000 Dollar für ein Instrumentenkabel ausgeben. Anstatt dem High-End-Kabel würde ich empfehlen, ein paar gute Instrumentenkabel in unterschiedlichen Längen zu besorgen. Die gängigen Längen sind drei, sechs, und neun bis zehn Meter. Hier mal ein paar Beispiele für ein gutes Gitarrenkabel und zwei verschiedene Instrumentenkabel, die es in verschiedenen Längen gibt.  Damit seid ihr für alle Bühnengrößen gewappnet.


Fazit

Wie in vielen Bereichen des Musikequipments gibt es auch in der Kabelentwicklung und -herstellung Fortschritte, die uns in Form von günstigeren Preisen zugutekommen. Bewegt man sich im mittleren Preissegment von sagen wir mal 20 bis 50 Euro für ein Markeninstrumentenkabel (je nach Länge der Kabel …), könnt ihr eigentlich nichts falsch machen. Solche Kabel sind ausgereift, bestehen aus erprobten Materialien, es wurde nicht am Kupfer gespart und die Kabel sind sauber mit Markensteckern konfektioniert. Behandelt man solche Kabel pfleglich, wird man sehr lange Freude an ihnen haben!

Zu den Kabeln und Steckern auf thomann.de. Bei Fragen beraten wir euch gerne!

? Mit dem unserem Cableguy seid ihr perfekt verkabelt: Mit ihm findet ihr online und auf eigene Faust das ideale Kabel oder den besten Stecker für eure Bedürfnisse bzw Vorhaben.

 

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Dominic hat als E-Gitarrist einer Alternative-Rockband etliche Clubs im deutschsprachigen Raum unsicher gemacht (die wenigsten davon mussten anschließend zu machen). Mit seiner Unplugged-Band steht er auch heute noch regelmäßig auf der Bühne.

4 Kommentare

    Hallo,
    ich habe mir im Studio mal den Spaß gemacht und mein Monster-Gitarrenkabel mit einem anderen Markenkabel verglichen. Es war klanglich tatsächlich ein Unterschied zu bemerken. Das Monsterkabel klang etwas frischer. Ich habe dieses Kabel inzwischen seit siebzehn Jahren. Ich habe allerdings die Stecker inzwischen gegen Neutrik-Stecker ausgetauscht, weil die alten von Monster nicht so gut waren und mehrfach Kontaktprobleme hatten. Über die neuen kann ich nichts sagen, aber die Qualität des Kabels an sich ist über alle Zweifel erhaben.

    Ahhhh ich genau das was ich wissen wollte fehlt… Wie wickelt man Kabel nach einem Auftritt aus sodass man sie beim nächsten einfach quer über die Bühne werfen kann…

    Ich antworte mal über ein Jahr später. 😉
    Auch da scheiden sich die Geister. Wenn du es wirklich einfach auswerfen willst, wickelst du over-under (Anleitungen finden sich bei youtube). Streng genommen verdrehst du die Kabel dann jedes Mal beim Aufrollen und beim Auswerfen werden sie wieder zurückgedreht. Das kann man sich prima verbildlichen, indem man Klopapier mal einfach zur Seite von der Rolle zieht, statt es abzurollen – dieser Spirale willst du entgegenwirken.
    Wenn man die Kabel gar nicht verdrehen will, merkt man sich aber idealerweise, in welche Richtung man aufgewickelt hat und wickelt die Kabel beim Auftritt in die gleiche Richtung auch wieder ab (wie das schon erwähnte Klopapier)…ich muss gestehen, dafür bin ich zu faul, over-under funktioniert schon ziemlich gut, wenn man die Bewegung einmal „drin“ hat.

    Hallo, bitte erwähne doch mal, welches ende eines Kabels mit einem geraden und einem abgewinkelten Stecker ins Instrument bzw. in den Verstärker kommt. danke !

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