Wacken: Slum-Band „Doch Chkae“ aus Kambodscha dabei

Wacken: Slum-Band „Doch Chkae“ aus Kambodscha dabei

Sie haben es geschafft! Und wir freuen uns riesig darüber und darauf: Die Death-Metal-Band „Doch Chkae“ darf für das Wacken Open Air 2019 nach Deutschland einreisen, Visa erteilt. Der im letzten Jahr bitter geplatzte Traum vom Auftritt auf dem weltgrößten Heavy-Metal-Festival geht für die Kids aus den Slums von Kambodscha nun doch in Erfüllung. Die Waisen-Band gibt ihr internationales Debüt. Herzlichen Glückwunsch!


Bereits 2018 sollte „Doch Chkae“ (ausgesprochen Dudsch Gai) auf dem Wacken Open-Air-Festival auftreten. Es wurde nichts draus. Sie hatten sämtliche Dokumente inklusive Rückflugtickets und Bürgschaft ihres Sozialarbeiters vorgelegt. Mit der fassungslos machenden Begründung, sie seien „nicht ausreichend ökonomisch in ihrer Heimat verwurzelt, weswegen eine Absicht zurückzureisen nicht erkannt werden könne“, verweigerten das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft ihnen die Einreise. Zu arm, um ihnen trauen zu können? Selbst eine von über 10.000 Menschen unterzeichnete Petition konnte den Amtsschimmel nicht umstimmen.

Der Festivalveranstalter mit Crew und die Band mit ihrem Schweizer Sozialarbeiter Timon Seibel blieben hartnäckig. Mit Erfolg. Jetzt steht fest: Die Band erhält ein Visum für das WOA 2019. Sie dürfen kommen und am Freitag, den 02. August, um 22 Uhr auf dem Wasteland Stage auftreten. Außerdem gibt’s im Hamburger Kaiserkeller ein Warmup. Unter dem Motto „United Metal Nations“ geben sie dort am 27. Juli ein Konzert gemeinsam mit „Slave To Sirens“ aus dem Libanon, „Trainwreck“ aus Bangladesch und „Valley of Chrome“ von den Philippinen.


Aufgewachsen im Schatten der Müllberge

Die Bandmitglieder Theara, Vichey, Hing und Pic sind Waisen und stammen direkt aus den Slums von Kambodscha – aufgewachsen auf der ehemals größten Müllkippe von Phnom Penh. Genannt wird das Viertel „Flying Shit Town“ – die Stadt der fliegenden Scheiße. Und das ist weder Witz noch Metapher, sondern blanke Realität: Toiletten gibt es nicht. Die Menschen verrichten ihr Geschäft in Plastiktüten und werfen die anschließend aus dem Fenster. Daher der Name.

Über 10.000 Kinder leben in Pnom Phen auf der Straße. Sie sammeln verwertbaren Müll, dealen mit Drogen, viele prostituieren sich. Auf den Müllhalden werden Hunde wie Vieh gehalten, einen Namen bekommen sie nicht. Eines Tages werden sie gegessen oder verkauft. Sofern die Vierbeiner nicht zu abgemagert sind, zahlen Restaurants bis zu 20 US-Dollar. Grauenhafte Slum-Realität. Inmitten dieser katastrophalen Verhältnisse haben die Bandmitglieder als Obdachlose ihre Kindheit verbracht. „Doch Chkae“ heißt übersetzt „Hundeleben“.


Ventil gegen Aggression, Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung

Glück im Unglück hatten sie, als Theara, Vichey und Hing eines Tages in einem Kinderheim von Moms Against Poverty unterkamen und dort von Sozialarbeiter Timon Seibel betreut wurden: Als Simon auf die Kinder traf, waren sie jähzornig, teils voller unberechenbarer Aggressionen, dann wieder lethargisch. An manchen Tagen wusste er einfach nicht mehr weiter. Dann kam der 11. November 2014. Timon nahm Vichey, Theara und den minderjährigen Hing mit in die Innenstadt zu einem Konzert der Deathcore-Band „Sliten6ix“. Es sollte ein außergewöhnliches Erlebnis werden, die Kids waren sofort vom Metal-Virus infiziert.

Bereits am nächsten Tag informierten sie sich im Internet über ähnliche Bands wie Slipknot. Fast täglich reagierten sie sich im Musikzimmer des Heims mit Metal ab. Und vollkommen entgegen ihres bisherigen Verhaltens begannen sie, konsequent und diszipliniert zu proben. Aus der erbarmungslosen Hoffnungslosigkeit war ein Ziel geworden.


Gerade rechtzeitig: Die neue Lust auf Khmer Metal

Es folgten erste kleine Auftritte, ziemlich schnell wurde Doch Chkae auch in der Presse erwähnt. Wissen muss man dafür, dass Death Metal in Kambodscha lange Zeit unter Todesstrafe verboten – weil zu westlich – war. Vermutlich auch, weil sie in ihrer Landessprache Khmer singen, treffen Doch Chkae den Nerv ihrer Landsleute. Bereits jetzt sind sie beispielhaft für andere, die mit Metal dem Elend entkommen wollen. Längst haben die Jungs von Doch Chkae viele andere Kinder und Jugendliche ermutigt, das Leben mit der Musik ein Stück weit besser zu machen. Inzwischen haben sie sogar ihr eigenes Label gegründet.


Dokumentation

Dokumentarfilm „A documentary about Doch Chkae-Slumdog Metal: Cambodian Street Kids Scream For Their Lives“

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Offizielles Musikvideo “kam knea doch chkae”:

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Vielen Dank für Material und Fotos an Wacken Open Air:

https://www.wacken.com/

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Franziska startete ihre Musiklaufbahn an der Violine und ist heute musikalisch zwischen Smetana und In Flames zu Hause. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in allerlei Kulturbereichen und lebt ihre Leidenschaft - die Kunst - in all ihren Facetten.

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