Musik und ästhetisches Design: Albumcover

Musik und ästhetisches Design: Albumcover

Streamen oder kaufen wir ein Musikalbum, ist der erste Eindruck kurioserweise ein optischer: Noch bevor wir den ersten Ton überhaupt hören, fällt der Blick auf das Albumcover. Umso wichtiger für Künstler und Produzenten, der Illustration des Covers mit treffsicherem Design die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Immerhin ist nichts Geringeres das Ziel, als die direkte – oder auch verborgene Botschaft des gesamten Albums auf den visuellen Punkt zu bringen. ?


Meilenstein des Coverdesigns: Geburtsstunde der bedruckten Plattenhülle

Die heutzutage selbstverständliche optische Inszenierung der Albumcover reicht bis in die 30er-Jahre zurück. Wurden Schallplatten bis zu dem Zeitpunkt ohne bedruckte Hülle angeboten und verkauft, kam ein gewisser Alex Steinweiss auf eine pfiffige und werbewirksame Idee. Der Grafikdesigner arbeitete als Art-Director für Columbia Records und empfand die simpel ausgeführten Plattenhüllen als eintönig und wenig ansprechend. Seither gilt er als Erfinder der bedruckten Plattenhülle und Vater des Albumcover-Art-Designs. Er verpasste den quadratischen Hüllen eine neue „Jacke“ und beeinflusste durch den künstlerischen Ansatz die Musikindustrie bis in die heutigen Tage.

Alex Steinweiss

Alex Steinweiss


Fotorealistische Bildkomposition und Art-Design von Hipgnosis

Zu den Vorreitern und Trendsettern gehört die britische Design-Schmiede Hipgnosis, die mit etlichen LP-Hüllen Musikgeschichte geschrieben hat. Genre- und stilübergreifend flossen in die Entwürfe Elemente mit Anleihen aus Surrealismus, von Dalí, Duchamp, Buñuel und zahlreichen weiteren. Begonnen haben die Design-Legenden in der Zusammenarbeit mit Pink Floyd, woraufhin sie immer bekannter und gefragter wurden. Die Werke von Hipgnosis illustrieren Hunderte der bekanntesten Alben der Welt. Inzwischen auch mit Ausstellungen gefeiert wird das 50-jährige Jubiläum.


Publikumswirksame Albumcover durch Stilmittel der bildenden Künste

Einig ist sich die Art- und Designerszene, dass ein Cover vor dem Hintergrund des jeweiligen Zeitgeistes etwas zu sagen haben muss. Provokante Motive, Fotos und Collagen können verkaufsfördernd wirken. Ebenso kann die öffentliche Wirksamkeit durch Designs mit großem Interpretationsspielraum unterstützt werden. Wer diesen Weg wählt, bedient sich den Möglichkeiten und dem kreativen Freiraum der bildenden Künste, wobei Pop Art in den vergangenen Jahrzehnten die vermutlich größte Rolle spielt.

 

 

 

 

 

 

 


Portraitfotos für charakterliche Identifikation mit dem Lieblingsstar

Auf der anderen Seite steht die Identifikation mit den Künstlern durch Portraitfotos. Die Fans erhalten einen Eindruck von Gestik, Mimik, Modeanspruch und Ästhetik des Künstlers, wodurch die Sympathie gefördert werden kann. Nicht zu vergessen dabei, dass ein Cover mit Portraitbild von Künstler oder Band auch einen höheren und vor allem schnelleren Wiedererkennungswert als eine „namenlose“ Grafik hat. Nicht unwichtig, gerade angesichts der Flut von schnelllebigen Produktionen, von denen der Markt überschwemmt wird.


Speziell bei Newcomern: Wichtigste Informationen plakativ sichtbar machen

Ein bedeutsames Element ist selbstverständlich der Name des Albums. Gerade Newcomer-Bands betiteln das Album häufig mit dem Eigennamen. Eine nützliche Strategie, um beim Publikum Anerkennung zu finden und die Band oder den Künstler in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, zugleich als eigenständige Marke zu etablieren. Allerdings ist es keinesfalls zwingend, den Band-, Künstler-, Albumnamen oder das Logo auf der Frontseite des Covers auftauchen zu lassen. Ganz im Gegenteil:


Epische Cover mit Wiedererkennungsfaktor für die musikalische Ewigkeit

Wird darauf verzichtet, bedeutet das, dem Designer noch größere kreative Entfaltungsmöglichkeiten an die Hand zu reichen, wodurch er dem Design eine zusätzlich originellere und kreative Note verleihen kann. Auf der Vorderseite von Namen freie Cover werden häufiger von bereits renommierten Megabands und Weltstars genutzt, die sich längst als eigenständige Marke bei ihren Fans etabliert haben. Der Vorteil: Sofern das Motiv und die Idee funktionieren, kann das Cover es auf den Olymp der kunstvollen Designgeschichte schaffen.


Vom Umgang mit den Emotionen der Betrachter – Beispiel: „Boston“

Meistens liegen mehrere Designentwürfe vor. Welchen davon Musiker und Produzenten letztlich wählen, ist nicht weniger als eine Grundsatzentscheidung, bei der mit dem Unterbewusstsein der potenziellen Käufer gespielt wird. Nehmen wir beispielsweise das Album „Boston“ der gleichnamigen Band aus dem Jahr 1976. Das Cover zeichnet eine Szenerie mit gitarrenförmigen Raumschiffen.

Eigentliche Idee des Gitarristen und Songwriters Tom Scholz war es, dass es sich dabei um angreifende und den Planeten bedrohende Invasoren handeln sollte. Resultat wäre ein unterbewusst unbehagliches Gefühl bei den Betrachtern gewesen. Deshalb entschieden Tom, Epic Records und Manager Jim Charney, dass die Armada der Raumschiffe die Erde nicht angreifen, stattdessen schützen sollten. Das Cover-Art-Design mit Science-Fiction-Feeling sollte ebenso wie die Musik und der Sound von Boston in die Geschichte eingehen.


Visualisierung der Elemente auf „Wish You Were Here“ von Pink Floyd

Ein weiteres Beispiel für ausdrucksstarke Visualisierung mit Interpretationsspielraum ist das Albumcover von Pink Floyds „Wish You Were Here“: Auf dem Foto geben sich zwei Stuntmänner die Hand; einer der beiden brennt von Kopf bis Fuß. Und das Bild ist keinesfalls retuschiert worden, der Mann hat beim Fotoshooting wirklich gebrannt. Symbolisiert werden sollten auf dem Cover die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde, was durch zahlreiche Designdetails umgesetzt wurde. Allein die Fotoshootings haben noch vor wenigen Jahren Tausende von Dollar oder Euro bzw. DM gekostet. Ein Aufwand, der dank der Digitalisierung inklusive Bildbearbeitungsprogrammen weitaus geringer geworden ist.


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Franziska startete ihre Musiklaufbahn an der Violine und ist heute musikalisch zwischen Smetana und In Flames zu Hause. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in allerlei Kulturbereichen und lebt ihre Leidenschaft - die Kunst - in all ihren Facetten.

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