Evolution der elektronischen Musik Teil 3 von 3

Evolution der elektronischen Musik Teil 3 von 3

Wollen wir Geschichte und Gegenwart der elektronischen Musik beschreiben, kommt das dem Versuch gleich, eine immens vielschichtige Entwicklung von Jahrzehnten in wenigen Zeilen zu verewigen. Es gab und gibt unendlich viele verschiedene Stilrichtungen, von denen etliche teils parallel nebeneinander entstanden sind. Die aktuelle Krönung von EDM ist Techno in all seinen Facetten und Ursprüngen … ?


Teilweise nur wenig zeitversetzt, entstanden diverse Subgenres wie House und Trance, Synthie-Pop oder Dance, Industrial Noise und schließlich Techno mit all seinen Untersparten. Derart zahlreiche neue Schubladen waren geschaffen, dass nur noch absolute Insider den Überblick behalten konnten. Allein vom Hardcore-Techno gibt es etwa zwanzig Subgenres.

Schmelztiegel der EDM

In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre verschmelzen mehrere Stilformen der EDM, die übrigens damals noch gar nicht so genannt wurde. House-Music bildet mit ihren minimalistischen Facetten die Basis. Als Wurzeln herangezogen werden Elemente vom europäischen Industrial, EBM (= Electronic Body Music, nicht zu verwechseln mit EDM) oder New Beat bis zu House Music wie Chicago House, Acid House oder der „House Sound of Detroit“. Immer wieder fließen auch Anteile von Synth-Pop mit all seinen Facetten von Italo Disco der frühen 80er bis zu elektronisch produzierten Popsongs mit ein. Bestes Beispiel für den Übergang zum Techno sind zwischen 1988 und 1991 The KLF, die mit ihren Hits die neue Ära einläuten. All das und noch mehr sind nun mal die Vorgänger, die Techno zum Mega-Crossover machen.


The KLF – What Time is Love

https://www.youtube.com/watch?v=OjL5uCMv9OM


Detroit Techno – Belleville Three: Miterfinder eines kompletten Genres

In Detroit beginnt Techno in dem Vorort Belleville. Drei Schulfreunde verbringen ihre Zeit gemeinsam in der Tristesse ihrer industriellen Heimatstadt. Sie saugen die Musik von den Legenden der elektronischen Musik Kraftwerk, dem musikalischen Chamäleon David Bowie, der Funk- und Soul-Band Sly And The Family Stone auf. Sie hören Funkadelic, auch Giorgio Moroder, Yellow Magic Orchestra und den Elektro-Pop-Pionier Gary Numan.

Juan Atkins, Kevin Saunderson und Derrick May, so die Namen der drei Freunde, sollten als „The Belleville Three“ Musikgeschichte schreiben. Inspiriert von dem musikalischen Hintergrund genreübergreifenden Vorreiter, begannen sie zu experimentieren. Dafür, ihre kreativen Ideen und den eigenen Sound umzusetzen, spielte ihnen eine technische Entwicklung in die Hände:

Insbesondere die analogen Rhythm-Composer Roland TR-808 und TR-909 wurden langsam preisgünstiger, außerdem leichter verfügbar. Der TR-808 hat sich früh zu einer der legendärsten Rhythmusmaschinen aller Zeit entwickelt, verwendet beispielsweise auch von den Hip-Hop- und Electro-Pionieren der LA-Szene Arabian Prince und Egyptian Lover. Bemerkenswert ist, dass die Chefs der Beats erzählen, dass keine 808 wie die andere klingt. Hier der Roland TR 808 im Video, viel Spaß:

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Aber zurück zum Detroit Techno: Die Bellville Three tankten das Flair aus Chicago, wo in der Zeit die House-Szene boomte. Zudem hatte die Disco-Musik nachdrückliche Fußspuren hinterlassen. Sie nahmen all ihre Eindrücke, vermengten sie und interpretierten all das im Detroiter Industrieschatten neu. Der Rest ist eindrucksvolle Geschichte. Sie hatten den Detroit Techno geschaffen.

Detroit Techno – The Belleville Three

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Techno in Europa – ein riesiger Schmelztiegel erschafft etwas Neues

Gleichzeitig ist man aber auch in Europa nicht gerade untätig. Von Italien und Spanien bis Skandinavien entdecken mehr und mehr junge Produzenten die neuen Möglichkeiten. Dabei gehen die USA und Europa zwar getrennte Wege, beeinflussen sich aber dank wegfallender Grenzen und der Möglichkeit auch Platten im anderen Kontinent zu kaufen gegenseitig.

Während in Deutschland Berlin und Frankfurt die großen Hochburgen sind, entwickelt sich beispielsweise in den Niederlanden eine sportliche Rivalität zwischen Amsterdam und Rotterdam um den härtesten Sound. Dazu kommt eine größere Aufsplittung in immer neue Sub-Genres. Gabba entsteht in den BeNeLux-Staaten, in England sind die Breakbeats beliebt, aus denen Drum and Bass entsteht, Trance erwacht zum Leben und hat mit dem weltweiten Hit „Children“ von Robert Miles seinen sicher bekanntesten Song.

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Minimal Techno – von Robert Hood bis zum Sound of Cologne

Aus Techno entsteht bereits in den frühen 1990ern eine reduzierte Variante: Minimal Techno. Im Mittelpunkt stehen minimalistische Arrangements. Zu einem der einflussreichsten Pioniere dieses Genres wird der DJ und Produzent Robert Hood, insbesondere mit seinem Album „Minimal Nation“. Nur ein Jahr später, nämlich 1994, veröffentlicht Gerrard Varley seine E.P. mit dem Stück „Quo Vadis“. Der als Meilenstein geltende Titel wurde vom ursprünglichen bis zum neuen Minimal Techno, der seit der Millennium-Wende wieder aufkeimte, mehrfach wieder neu aufgelegt.


Robert Hood – Minimal Nation

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Zu den aus den aus Deutschland stammenden Wegbereitern zählt Wolfgang Voigt, der Allgemeinheit besser bekannt als „Mike Ink“. Er ist Mitbegründer des Kölner Labels „Kompakt“. Wolfgang tritt und legt unter verschiedenen Pseudonymen auf. Es gibt etliche andere Stars des Minimal Techno. Wolfang Voigt steht Pate für die Begriffe Sound of Cologne und Kölner Schule

Irgendwann begann es die Szene zu nerven, dass nahezu alles, was auch nur einigermaßen in das Schema von 4/4-Takt und 128 – 130 bpm passt, als „Minimal Techno“ bezeichnet wurde. Der Name wurde zum Modebegriff; ein gewissermaßen inflationär verwendeter Stempel.


Acid Techno – außergewöhnlicher Sound eines Synthis

Ob der Name beim Acid Techno Programm ist, lässt sich allenfalls vermuten. Entstanden ist dieses Subgenre aus dem amerikanischen Acid House in England und Deutschland, eine der bekanntesten Formationen ist die deutsche Gruppe Hardfloor. Wie bereits bei seinem Vorläufer ist eines der typischen Merkmale das modulierte Blubbern und Zwitschern eines ebenfalls ganz besonderen Synthesizers: der Roland TB-303. Diese Bassline ist übrigens das einzige Musikinstrument, ohne das eine Musikrichtung gar nicht möglich wäre! Rock und Pop kann man auf Gitarre, Klavier etc. spielen. Acid ohne 303 geht nicht! Meisten wurden lediglich sehr kurze Acid-Sequenzen genommen und im Laufe der Tracks immer weiter moduliert und verändert. Und im Gegensatz zum klassischen Acid, der meist nur aus einer 303 und 808 besteht, kommen hier die TR-909 und gerne auch mehrere 303s zum Einsatz.

Hardfloor – Acperience 1

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Sound of Frankfurt – Pascal FEOS hinterlässt eine Lücke

Eines der deutschen Epizentren des Techno befand und befindet sich wie schon erwähnt in Frankfurt. In den Neunziger Jahren wurde hier der Sound of Frankfurt geprägt und prägte auch die internationale Techno-Szene. Maßgeblich mit dafür verantwortlich war Pascal Dardoufas bzw. FEOS. Sein Einfluss war derart groß, dass er bisweilen als der Dieter Bohlen des Techno bezeichnet wurde.

Begonnen aufzulegen hatte Pascal bereits 1984, beispielsweise in den House- und Technohochburgen Dorian Gray, Omen oder U60311. Er wurde zum Global Player, lange bevor man diesen Begriff überhaupt kannte. Der Workaholic Pascal ist am 08. Mai 2020 im Alter von 52 Jahren verstorben und hinterlässt eine große Lücke im Sound of Frankfurt.

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Evolution der elektronischen Musik: Weitere Teile der Reihe

EVOLUTION DER ELEKTRONISCHEN MUSIK – TEIL 1 VON 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EVOLUTION DER ELEKTRONISCHEN MUSIK – TEIL 2 VON 3

 

 

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Meon ist Gitarrist und Blogger. Er arbeitet seit 7 Jahren bei Thomann und ist permanent von Musik, Musikern und Instrumenten umgeben.

Ein Kommentar

    Sehr interessanter Artikel, teilweise etwas zu grob umrissen bzw. essentielle Wegbereiter vergessen. J.M.Jarre z.B. prägte die Musik wie nur wenige und wurde inspirierte so viele außergewöhnliche Musiker über Generationen. Ebenso gehören meiner Meinung nach z.B. Pierre Schaeffer oder Giorgio Moroder erwähnt wenn es um die Entstehung bzw. die „Evolution“ geht.

    Aber das ist nur meine Meinung und macht den Artikel deswegen nicht obsolet. Stehen ja trotzdem viele interessante Fakten drin.

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