
Nie war es so leicht fĂŒr uns Gitarristen, Ideen oder Songs in den eigenen vier WĂ€nden aufzunehmen wie heutzutage. Musste man vor 30 Jahren noch teure Studios buchen, bietet der Musikalienmarkt mittlerweile einige Hilfsmittel, um seiner KreativitĂ€t auch in heimischen Gefilden freien Lauf zu lassen. Die Flut an Optionen ist allerdings so gigantisch, dass man schnell mal den Ăberblick verlieren kann. Daher möchte ich euch hier ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie ihr eure E-Gitarre auch zu Hause aufnehmen könnt – ohne Probleme mit euren Nachbarn zu bekommen! đ
Das Grundsetup
NatĂŒrlich ist nichts gegen Aufnahmen mit dem Smartphone, Tablet oder einem Stand-Alone Recorder, wie z. B. dem Zoom H6 einzuwenden. Die ĂŒberzeugendsten Ergebnisse werdet ihr jedoch mit einem Rechner und einer sogenannten DAW, was fĂŒr „Digital Audio Workstation“ steht, erzielen. Diese DAW ist euer Recording-Programm, das die Aufnahme von mehreren Spuren, die Nachbearbeitung und die Integration anderer virtueller Musikinstrumente sowie die Verwendung von Plugins ermöglicht.
Welche Software ihr dazu verwendet, bleibt dabei ganz euch ĂŒberlassen. GĂ€ngige DAWs sind z. B. Presonus Studio One, Steinberg Cubase, Ableton Live, Apple Logic oder Avid Pro Tools. Hier lohnt es sich, das komplette Produktsortiment eines Herstellers zu durchforsten, denn neben den teuren Vollversionen, gibt es oft abgespeckte âLightâ-Varianten. Falls ihr SchĂŒler*innen/Student*innen oder eine Lehrkraft seid, stehen auch manchmal EDU-Versionen zu gĂŒnstigerem Kurs bereit.
In vielen FĂ€llen werdet ihr noch ein Audiointerface benötigen, in das ihr euer Mikrofon oder die Gitarre einstöpselt. Die QualitĂ€t des Interfaces misst sich dabei an den verbauten VorverstĂ€rkern und den AD/DA-Wandlern. Um brauchbare Resultate fĂŒr den Home-Recording-Bereich zu erzielen, mĂŒsst ihr jedoch keine High-End-Produkte verwenden. Hersteller wie z. B. Focusrite oder M-Audio bieten hierfĂŒr gĂŒnstige und bewĂ€hrte Lösungen.
1. Amp mikrofonieren mit Power Attenuator
Einen GitarrenverstÀrker mit Mikrofon abzunehmen ist sicherlich die gÀngigste Art, die auch hauptsÀchlich von Profis eingesetzt wird. In einer Mietwohnung gestaltet sich das jedoch hÀufig als schwierig. Amps benötigen manchmal einfach eine gewisse GrundlautstÀrke, um ihr Soundpotenzial zu entfalten.
Hier können sogenannte âAttenuatorâ Abhilfe schaffen. Diese schaltet man zwischen ein Topteil und den Speaker. Nun lĂ€sst sich relativ unkompliziert die LautstĂ€rke des Amps herunterfahren, selbst wenn der Volume-Regler am Topteil auf höchster Stufe steht. Zum Mikrofonieren könnt ihr nun im einfachsten Fall ein handelsĂŒbliches, dynamisches Mikrofon wie das Shure SM57 oder das Sennheiser E906 verwenden und dieses vor dem Lautsprecher platzieren.

Shure SM57 LC Mikrofon
NatĂŒrlich gehen auch BĂ€ndchentypen oder Kondensatormikrofone, wobei letztgenannte eine Phantomspeisung benötigen. ZunĂ€chst sucht ihr zur Klangfindung die Mitte des Speakers, platziert das Mikrofon wenige Zentimeter vor das Gitter und richtet es genau auf die Lautsprechermembran. Ist der Sound zu höhenreich und hart, könnt ihr das Mikrofon zum Rand des Lautsprechers hin verschieben. Auch verschiedene Winkel der Mikrofon-Ausrichtung haben dabei groĂen Einfluss auf den Sound. Hier gilt es auszuprobieren, bis ihr den Wunschsound erzielt habt!
2. Isolation Cabinet
Ist das Signal eurer Box immer noch zu laut fĂŒr die Nachbarn, kann man auch ein sogenanntes Isolation Cab einsetzen. Hierbei handelt es sich um eine geschlossene, schalldichte Holzbox mit integriertem Lautsprecher und MikrofonaufhĂ€ngung. Nachteile sind hierbei, dass aufgrund der geschlossenen Konstruktion manchmal Klangbeeinflussungen entstehen können und Nachbearbeitung mit EQ fĂ€llig ist. Bekannte Hersteller von Iso Cabs sind z. B. Grossmann oder Rivera.
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3. Load Box plus Speakersimulation
Möchte man einen echten Amp einsetzen, aber das Abmikrofonieren seines Lautsprechers umgehen, so kommt man um die Verwendung von Speakersimulationen nicht herum. Diese emulieren den Klang eines abgenommenen Cabinets mithilfe von speziellen Frequenzkurven. Das kann entweder auf analogem Wege durch Filter geschehen oder aber digital durch die Verwendung von sogenannten IRs, was fĂŒr Impulse Responses steht. Allerdings hat man nun immer noch das Problem, dass an einem VerstĂ€rkertopteil zwingend ein Lastwiderstand, auf Englisch âLoadâ, angeschlossen sein muss. GlĂŒcklicherweise bieten viele Hersteller Produkte an, die eine Loadbox mit einer Speakersimulation kombinieren.
Analoge Lösungen stammen z. B. von Palmer oder Fryette, wĂ€hrend das Universal Audio OX oder Produkte von Two Notes auf den Einsatz von IRs setzen. Eine weitere Option wĂ€re eine einfachere Load Box, die einen DI-Ausgang besitzt, wie z. B. der Two Notes Captor. Hier ĂŒbernimmt z. B. die Loadbox den Lastwiderstand und ihr könnt euer Signal in die DAW leiten, um dort eine Speakersimulation auf IR-Basis vorzunehmen. Ăbrigens lassen sich auch Modeler zweckentfremden, indem ihr dort den Ampblock deaktiviert und lediglich das Cabmodul als Speakersimulation einsetzt. Denkt jedoch immer daran: Am Speaker Out eures Amps muss unbedingt ein Lastwiderstand hĂ€ngen!

Two Notes Torpedo Captor X SE
4. Modeler, Profiler und Gitarren-Preamps
Die Verwendung von Modelern, die sowohl die Amp-, als auch die Speakersimulation auf digitaler Basis ĂŒbernehmen, zĂ€hlt heutzutage sicherlich zu den am meisten verbreiteten Lösungen. Da viele Amp-Modeler ĂŒber USB direkt mit dem Rechner verbunden werden können, spart ihr euch in diesen FĂ€llen sogar die Anschaffung eines zusĂ€tzlichen Audiointerfaces. Das digitale Abbilden einer komplexeren VerstĂ€rkerschaltung kann durchaus ressourcenhungrig ausfallen, weshalb man ganz klar sagen muss: Die KlangqualitĂ€t hĂ€ngt hĂ€ufig unmittelbar mit dem Preis des Modelers zusammen. Hier habt ihr auch die freie Auswahl aus Produkten, die mit integrierten Effekten ausgestattet sind, oder solchen, die sich nur auf das digitale Abbilden von Amp und Cabinet beschrĂ€nken. GĂŒnstige Budgetlösungen sind z. B. das Harley Benton DNAfx Git oder der Hotone Ampero.
Im oberen QualitÀtsspektrum findet ihr z. B. das IK Multimedia Tone X, das Strymon Iridium, Universal Audio Pedals, Line 6 Helix, das Neural DSP Quad Cortex oder den Kemper Profiler.
Eine analoge Option wÀre die Verwendung von reinen Preamps, die mit einer Speakersimulation ausstaffiert sind. Beliebte Produkte sind beispielsweise die SansAmp-Reihe von Tech 21 oder der DSM & Humboldt Simplifier.

Tech 21 SansAmp GT 2

DSM & Humboldt Simplifier MKII
Die Mischung aus analogen Preamps mit digitaler Faltungstechnologie ist ebenfalls eine schlaue Option. Diese findet ihr z. B. bei den Friedman IR-X oder IR-D Modellen.
5. Gitarren-Plugins
Im Bereich der Amp-Plugins hat sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Die Kluft zwischen Hardwaremodelern und reinen Softwarelösungen wurde merklich geringer, sodass letztere eine ernstzunehmende Alternative darstellen. Hier gilt es allerdings zu bedenken, dass ihr ein solides Audiointerface und einen halbwegs starken Rechner benötigt, damit Spielfreude entsteht. Vergewissert euch, dass auf der Audiospur, die ihr zum Gitarren-Recording verwendet, das Software-Monitoring aktiviert ist. Hört ihr eine starke Latenz, mĂŒsst ihr die Buffer-GröĂe in den Audioeinstellungen verringern.
Bei 44,1 kHz liegt eine Buffer-GröĂe von 128 Samples bei ca. 2,9 ms Zeitversatz. Das ist absolut im tolerablen Bereich und entspricht in etwa der Laufzeit, die der Schall benötigt, wenn ihr einen Meter von eurem VerstĂ€rker entfernt steht. GebrĂ€uchliche Plug-ins sind beispielsweise die Archetype-Reihe von Neural DSP, IK Multimedia Amplitube 5, Native Instruments Guitar Rig 7, das Bias FX von Positive Grid oder Ampmodelle von Universal Audio. Letztere sind jedoch noch nicht nativ, sondern in Kombination mit Apollo-Karten bzw. -Interfaces erhĂ€ltlich.
Feedback E-Gitarre aufnehmen
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Habt ihr weitere Tipps fĂŒr andere Gitarristinnen und Gitarristen? Dann lasst gerne einen Kommentar da. Wir wĂŒnschen euch gutes Gelingen beim Aufnehmen eurer Gitarrentracks!Â
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