Allgemein wird die Wolf ja von vielen gelobt, also wollte ich sie auch mal ausprobieren.
Geliefert wird sie eingeschweißt in eine dünne Plastikfolie )mit Kurzanleitung und kleinen Verstärkungsringen aus Kunststoff, falls man die Füße sehr weit herausschrauben möchte). Das ist umweltfreundlich, macht aber auch nicht sonderlich viel her.
Was mich gleich gewundert hat: wie klein die Schulterauflage gegenüber anderen Stützen für Viola ist. Und siehe da: es ist die gleiche wie für Violine, nur dass bei der Violaversion das Stängelchen, an dem der schulterseitige Befestigungsfuß sitzt, etwas herausziehbar ist. Bei der Violinenversion ist hier ein Scharnier.
Der Auflagepunkt einer Bratsche am Körper ist ein Dreieck: eine Drehachse zwischen Schlüsselbein/Schulter und einem Auflagepunkt am Brustkorb, und dem Kinn. Da eine Bratsche viel länger ist und auch deutlich schwerer als eine Violine, übt nach den Hebelgesetzen der Kinnhalter eine wesentlich höhere Kraft auf das Kinn aus. Das kann zu Verspannungen in Nacken und Rücken führen. Man kann dem nur begegnen, indem man den Abstand vom Kinn zur Drehachse Schlüsselbein-Brustkorb erhöht, um den Hebel zu verkleinern. Da der Auflagepunkt auf dem Schlüsselbein sowie die Position des Kinns anatomisch vorgegeben ist, kann man das Dreieck nur beeinflussen durch den Auflagepunkt auf dem Brustkorb. Er muss möglichst weit weg vom Kinn.
Und jetzt sind wir wieder bei der Wolf: das Polster ist so kurz, dass in dem Bereich, wo ein guter Abstützpunkt am Brustkorb wäre, gar kein Polster mehr ist, sondern nur noch das Stängelchen in der Luft schwebt! Statt dessen bohrt sich das Ende des vorhandenen Polsters schmerzhaft in die Rippen, da auf diesem Punkt ein großer Teil der Gegenkraft des Instruments lastet.
Durch Biegen ließe sich das Blech der Stütze so verformen, dass sie theoretisch flächig am Brustkorb anliegen könnte. Das würde die gerade geschilderte Problematik etwas entschärfen. Aber da beide Füße in entgegengesetzte Richtungen umklappen und in ihrer Bewegungsfreieheit beschränkt sind, stehen die Füße danach so, dass man das Instrument nicht mehr einhaken kann! Hier liegt ein großer Unterschied zur Violinen-Version, durch die die Wolf ihren wesentlichen Konstruktionsvorteil, die Anpassbarkeit/Biegbarkeit des Schulterpolsters, verspielt.
Ich spiele eine 40,5cm Bratsche mit einem 24,5cm breiten Unterbügel. Hier kommt die Wolf bereits an ihre Grenze, ich muss die Stangen schon so weit ausziehen, dass ich keine Wahl mehr habe, an welcher Stelle meines Körpers das Polster aufliegen soll. Eine Position, bei der das Ende der Auflage horizontal auf der Schulter aufliegt, lässt sich nicht erreichen.
Mit den also bereits bis zum Anschlag ausgezogenen Stangen federt die Stütze extrem. Man hat nicht wirklich festen Halt und auch Sorgen um den Lack, weil die Plastik-Kappe über den Stangenenden sich herunterschiebt, wenn man diese weit auszieht.
Ansonsten fällt mir noch auf, dass sehr viel mit Gummi gearbeitet wird: über den Füßen, als Drehschutz am Gewinde, und als Arretierung gegen Klappern bei den Stangen. Ich lese viel, das die Stütze lange hält, kann mir das bei den besagten Teilen aber ehrlich gesagt kaum vorstellen. Die Fußgummis kann man ja nachkaufen, aber auch die Gummis, die verhindern, dass sich das Schraubgewinde der Füße verstellt?
Dann gibt es auch noch verlierbare Teile, wie die Schrauben an den Stangen, oder besagte Kunststoffkappen an den Stangenenden - auch nicht optimal. Wenn sich vor dem Konzert eine der Schrauben löst, die die Stangen fixieren, und man kann keinen geeigneten Schraubendreher auftreiben...
Nun aber noch ein paar Dinge, die ich gut finde: die Füße kann man sehr weit herausschrauben, aber auch sehr weit hineindrehen. Hier ist die Wolf viel flexibler als die anderen Stützen, die ich kenne. Selbst bei sehr weit herausgeschraubten Füßen (es gibt hier ein "Doppelgewinde") bleiben sie ausreichend stabil. Die Gummis halten sehr gut und rutschfest am Instrument (allerdings kann man die Stütze deshalb nicht seitlich aufschieben, sondern muss sie etwas dehnen und dann gezielt aufsetzen, wodurch sich bei Unachtsamkeit das Fußgummi zurückschieben kann und man mit dem Metall an den Lack kommt), und die Füße lassen sich so wegklappen, dass die Stütze sehr flach wird uns sich bei ausreichender Breite des Zubehörfachs gut verstauen lässt.
Insgesamt muss ich sagen, ich kann die ganzen guten Bewertungen nicht nachvollziehen, aber natürlich sind Anatomien und Gewohnheiten ja eine ganz individuelle Sache. Und bei wem es passt, der/die wird sicherlich auch gücklich mit dieser Stütze. Mal selber ausprobieren schadet sicher nicht.